Zum Inhalt

Geschlossene MPC-Fonds: Vier weiteren Hollandfonds droht Insolvenz

Der Verein für Konsumenteninformation VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums rund um den MPC-Skandal eine Reihe von Musterprozessen, Sammelklagen, Musterklagen nach deutschem Kapitalanlager-Musterverfahren-Gesetz (KapMuG) und betreut auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren mit über 3000 Privatbeteiligten, die über den VKI Schäden in Höhe von über 170 Mio Euro geltend gemacht haben. Nun kündigt die TVP (Treuhänder) den Gesellschaftern der Hollandimmobilien-Fonds 57, 59, 67 und 68 eine Beschlussfassung bis 9.8.2016 über die Auflösung der Gesellschaft an; bei Nichtzustimmung drohe allen Fonds die Insolvenz.

Kommanditisten der Holland Immobilien Fonds 57, 59, 67 und 68 bekommen in diesen Tagen Post vom Treuhänder TVP. Ein unbekannter Investor habe die Forderungen der Finanzierungsbank in allen vier Fonds aufgekauft und wolle nunmehr rasch die Immobilien aus den Fonds verwertet sehen. Dem Verkauf der Immobilien und der Liquidation der Gesellschaft sollen die Gesellschafter bis spätestens 9.8.2016 zustimmen.

Das Zuckerl: Der Investor verzichte darauf, die erlangten Ausschüttungen (zwischen 24,5 - 38,6 Prozent der Kommanditeinlage) zurückzufordern. Sollten die Gesellschafter aber nicht zustimmen, drohe aber in allen vier Fonds die Insolvenz.

"Jahrelang hat die MPC mit der finanzierenden Bank verhandelt, plötzlich kommt ein unbekannter Investor und will die Immobilien verwertet sehen, dabei auch einige Immobilien selbst übernehmen. Das Angebot an die Gesellschafter, auf die Rückforderungen von Ausschüttungen zu verzichten, klingt gut, hat aber auch einige Haken", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Der unbekannte Investor hat in seinem Vertrag mit der Fondsgesellschaft - den wir nicht kennen - auch Widerrufsrechte eingeräumt bekommen; man weiß also nicht, ob die Lösung, auf Rückforderungen endgültig zu verzichten, fix ist.

Der Investor kann auf Rückforderungen eines allenfalls bestellten Insolvenzverwalters, falls es doch zur Insolvenz kommt, gar nicht wirksam verzichten. Da müsste es eine Garantieerklärung zB der MPC/TVP/CPM geben.

Die MPC-Gruppe verdient an diesem riesigen Immobilien-Deal wieder satte Provisionen, ohne selbst zu einem teilweisen Schadenersatz für die Anleger auch nur irgendwas beizutragen.

Es gibt keine Vorkehrungen (Mindestverkaufspreise) dagegen, dass die Immobilien nicht verschleudert und uU in andere Fonds eingebracht werden, wo das Verdienen für dritte Anbieter wieder losgeht. Die angebliche Wertentwicklung der Immobilien in Holland ist im Übrigen sehenswert: Ein Bürohaus in Gouda wurde 2005 in einem von der MPC-Gruppe beauftragten Wertgutachten auf knapp 3 Mio Euro geschätzt. Es lag damals und liegt heute direkt in Nachbarschaft einer stinkenden Chemiefabrik. Jetzt liegt ein Schätzgutachten vor, dass diese Liegenschaft heute nur mehr rund 350.000 Euro Wert sei.

Bei diesen Wertentwicklungen stellen sich eine Reihe von Fragen:

Waren die ursprünglichen Wertgutachten überhöht, oder sind die nun vorliegenden Wertgutachten zu gering bemessen?

Weshalb gelang es der MPC-Geschäftsführung nicht, diese Gebäude so zu verwalten, dass die negativen Wertentwicklungen der Finanzkrise vor etwa acht Jahren nicht inzwischen aufgefangen werden konnten?

Der Immobilienmarkt in Holland erholt sich. Weshalb gilt das nicht für die MPC-Immobilien?

"Die einzigen, die bei diesen Geschäften massiv verloren haben, sind die Anleger. Der VKI kann diesen - zumal wesentliche Punkte des Beschlussvorschlages der TVP im Dunkeln liegen - nicht raten, dem vorgelegten Liquidationsbeschluss zuzustimmen. Es würde mich wundern, wenn der unbekannte Investor, bei Ablehnung des Liquidationsbeschlusses sofort die Insolvenz erzwingen würde. Eine Insolvenz kann nicht in seinem Interesse sein. Vielmehr würde der VKI in einem solchen Fall direkt mit dem Investor verhandeln wollen, um die offenen Punkte abzuklären", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang