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Eigentumserwerb am gefundenen Sparbuch

Der OGH bejahte den Auszahlungsanspruch einer Finderin von Überbringersparbüchern, die nach der alten Rechtslage eröffnet waren, obwohl sie das Losungswort nicht kannte.

Die Klägerin fand 2016 in ihrer gemieteten Wohnung drei jeweils durch ein Losungswort vinkulierte anonyme Sparbücher der beklagten Bank mit einem Einlagestand von je 300.000 ATS (= 21.801,85 EUR); diese wurden 1998 und 1999 eröffnet. Die Klägerin zeigte den Fund beim Fundamt an. Nach Ablauf eines Jahres wurden ihr diese vom Fundamt wieder ausgehändigt. Die Klägerin legte in einer Filiale der beklagten Bank die drei Sparbücher sowie die Übergabebestätigung des Fundamts vor und ersuchte um Auszahlung der Sparguthaben. Die Beklagte verweigerte die Auszahlung, weil die Klägerin das Losungswort nicht kannte.

Die drei Sparbücher wurden - entsprechend der Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Eröffnung, also vor der BWG-Novelle 2000 - als (vinkulierte) Überbringersparbücher gestaltet.

Der OGH bejahte den originären Eigentumserwerb nach § 395 ABGB (durch Fund) und den Auszahlungsanspruch gegen die Bank.

Bei einem Überbringersparbuch handelt(e) es sich um ein Inhaberpapier iSd § 1393 Satz 3 ABGB. Im Fall des originären Eigentumserwerbs an einem (vor der BWG-Novelle 2000 eröffneten) Überbringersparbuch durch Fund geht auch der Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens auf den Finder über.

Dass der Klägerin die Losungsworte der Sparbücher nicht bekannt sind (und auch nicht bekannt sein können), schadet nicht, weil sie die mangelnde Kenntnis des Losungsworts durch den Nachweis ihrer materiellen Berechtigung substituieren kann.

OGH 2.9.2020, 3 Ob 23/20h

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