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Urteil: Gewinnauszahlungsanspruch auch für nicht namentlich genannten Verbraucher

Der OGH bestätigte die Verbindlichkeit einer Gewinnzusage, auch wenn der Verbraucher in dem Schreiben selbst nicht namentlich genannt wurde und auch wenn die Gewinnzusage irrtümlich an den Verbraucher gelangt ist.

Die Klägerin bestellte bei der Shopping Alliance Ltd "Bela Vita" Cranberry Kapseln. Die Intercash BVBA übernimmt für 6 verschiedene Versandhandelsunternehmen die Verpackung, darunter auch für die Shopping Alliance Ltd und die beklagte Salvebis Ltd. Die Beklagte tritt unter dem Namen "Bela Vita" und "Kloster Marienquell" in Deutschland auf, nicht in Österreich. Die Klägerin erhielt die bestellten Kapseln. In dem an die Klägerin persönlich adressierten Paket befanden sich neben der Zahlungsanweisung, noch drei Kuverts. Diese trugen die Aufschrift "Exklusiv-Mitteilung über eine Auszahlung!!!" bzw "Kloster-Marienquell, Gewinninformation vertraulich, sofort öffnen, vertraulich", "Einmalige Zustellung - einmalige Gewinninformation für" und im Empfängeradressfeld statt Namen und Adresse: "Dringende Mitteilung: Bitte sofort öffnen". Diese drei Kuverts, die bei Paketen der Beklagten als Beilage in Deutschland beipackt werden, wurden versehentlich von der mit der Verpackung beauftragen Intercash BVBA in das Paket an die Klägerin gegeben.

Der OGH bestätigte den Gewinnauszahlungsanspruch.

Hauptzweck des § 5c KSchG ist es, die verbreitete aggressive Werbepraxis von Unternehmern abzustellen, vermeintliche Gewinnzusagen persönlich adressiert an Verbraucher zu verschicken, um diese zu Warenbestellungen zu motivieren. Im Bereich des § 5c KSchG kommt es für die Auslegung des Bedeutungsinhalts der Äußerung auf das Verständnis eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers an. Schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ("Eindruck erwecken") wird auf den vom Unternehmer (bewusst bloß) gesetzten Anschein abgestellt. Es kommt allein auf den vom Sender objektiv gesetzten Anschein an. Daher ist der Bekl hier der objektive Erklärungswert zuzurechnen.
Teil dieses objektiven Anscheins ist die Tatsache, dass die Klägerin die Kuverts in einem persönlich an sie adressierten Paket erhalten hat. Durch das Beipacken ihres Dienstleisters hat die Beklagte die (anonymen) Beilagen im Wege eines persönlich adressierten Pakets und damit an einen namentlich genannten Verbraucher übermittelt.

Ein Verbraucher, der eine an ihn persönlich adressierte Sendung erhält, wird sich schon dadurch als Gewinner angesprochen fühlen, auch wenn sein Name in der beigelegten Gewinnzusage selbst nicht mehr wiederholt wird. Der Hauptzweck des § 5c KSchG, nämlich die verbreitete und aggressive Werbepraxis der Unternehmen abzustellen, könnte nur allzu leicht unterlaufen werden, wenn die Durchsetzung des Gesetzeszwecks schon daran scheiterte, dass in einer an einen bestimmten namentlich genannten Verbraucher gerichteten Brief- oder Paketsendung eine anonymisierte Gewinnzusage, sei es offen oder in einem Extrakuvert, beigelegt wird und sich der Unternehmer darauf zurückziehen könnte, dass zwar die Sendung als Ganzes an einen bestimmten Verbraucher gerichtet war, jedoch die Gewinnzusage selbst den auf der Briefzusendung genannten Namen nicht mehr enthielt.

Ein durchschnittlicher Erklärungsempfänger hätte im vorliegenden Fall auch nicht erkannt, dass die Gewinnzusagen nur durch einen Fehler an ihn übermittelt worden waren, weil er tatsächlich (noch) nicht Kunde der Beklagten war. Unabhängig davon wird sich ein Verbraucher mit der Bezeichnung "lieber Kunde" auch von einem anderen Versandhandelshaus - eben als zukünftiger - Kunde angesprochen fühlen, ist doch die oben angesprochene Motivation, Kunden zu akquirieren, auch den vorliegenden Schriftstücken zu unterstellen.

Die hier verwirklichte, leicht vermeidbare Zusendung an einen Verbraucher, den die Beklagte gar nicht ansprechen wollte, hat sie selbst dadurch geschaffen, dass sie anonyme Zusendungen entworfen und einem Dienstleister übergeben hat. Hätte nämlich die Gewinnzusage selbst den Namen eines Kunden aus Deutschland enthalten, dann hätte - vorbehaltlich einer äußerst unwahrscheinlichen Namensgleichheit - der Empfänger leicht erkannt, dass sich die Beklagte nicht an ihn wenden wollte. Ihm gegenüber wäre dann kein Anschein eines schon eingetretenen Gewinns erweckt worden, weil ein solcher eben einer anderen und namentlich genannten Person zugesagt schiene.


OGH 19.10.2016, 1 Ob 159/16p
Klagsvertreter: Beneder Rechtsanwalts GmbH, Wien


Das Urteil im Volltext.

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