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Cardif Versicherung muss zahlen - nachteilige Auslegung der Karenzzeit bei Restschuldversicherung unzulässig

Dauert die Arbeitsunfähigkeit zumindest 6 Wochen, muss die Versicherung auch die in den ersten 6 Wochen fällig gewordene Kreditrate übernehmen.

Der Konsument schloss einen Kredit bei der Santander Consumer Bank GmbH im Mai 2013 ab. Gleichzeitig wurde eine Restschuldversicherung bei der Cardif Versicherung (u.a. für Arbeitsunfähigkeit) aufgenommen.  

Durch eine Knieverletzung war der Konsument im Zeitraum vom 1.7.2013 bis 3.11.2013 arbeitsunfähig. Aufgrund des Versicherungsfalles zahlte Cardif nur die nach den ersten 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit fällig gewordenen Kreditraten. Die Zahlung der im Juli 2013 fällig gewordenen Rate lehnte die Versicherung ab und verwies auf die in den allg. Versicherungsbedingungen geregelte Karenzzeit des § 4 Z 2 lit b.

Der VKI klage - im Auftrag des Sozialministeriums - die Kreditrate ein und bekam vor Gericht zur Gänze Recht.

Wenn eine über die Karenzzeit von 6 Wochen andauernde Arbeitsunfähigkeit vorliegt, sind sämtliche Kreditraten - also auch die in der Karenzzeit fällig gewordenen - vom Versicherer zu zahlen.  

Ergänzend führte das Gericht aus, dass bei fehlender Eindeutigkeit des Interpretationsergebnisses die Unklarheitenregel des § 915 ABGB Anwendung finden würde. Die unklare Regelung (der Wortlaut der lit a und lit b des § 4 Z 2 der allg. Versicherungsbedingungen widerspricht sich) wäre zu Lasten des Versicherers auszulegen. Dies würde ebenfalls zur Klagsstattgebung führen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 20.4.2015).

BGHS Wien 01.04.2015, 11 C 540/14p
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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