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Urteil: Ungültige Klauseln in AGB von Autovermietung

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Sixt GmbH wegen rechtswidriger Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Verbandsklage.

Folgende Klauseln wurden als unzulässig beurteilt:

Ist der Mieter mit dieser Beurteilung nicht einverstanden, kann er von SIXT verlangen, die Schuldfrage gegenüber dem Unfallgegner gerichtlich klären zu lassen.

SIXT wird dann eine solche Klärung veranlassen, sofern sich dies nicht einerseits als jedenfalls aussichtslos darstellt und andererseits der Mieter die Erklärung abgibt, SIXT im Falle, dass sich seine Darstellung bzw. Verschuldens-Einschätzung vor Gericht als unrichtig herausstellt, hinsichtlich sämtlicher Kosten eines solchen oder außergerichtlichen) schad- und klaglos zu halten.

Gegenständliche Klausel überlässt die Geltendmachung von Forderungen gegenüber Dritten der Einschätzung von Sixt. Die einzelnen Teile der Klausel führen in Zusammenschau dazu, dass ein typischer Verbraucher Inhalt und Tragweite nicht durchschauen kann. Einerseits ist der Konsument in dieser Situation von der subjektiven Beurteilung von SIXT abhängig. Andererseits kann eine Gesamtkostenbelastung nicht mehr abgeschätzt werden.

Das LG Wr. Neustadt führte aus, dass man die Konstellation des § 8 Abs 2 EKHG beachten müsse, wonach der Mieter als Lenker dem Vermieter bei Mitverschulden zur ungeteilten Hand mit dem Gegner des Unfalles haftet. Macht der Vermieter gem den Bestimmungen der AGB den Schaden gegenüber dem Mieter geltend, so kann dieser lediglich den Solidarschuldnerregress gegenüber seinem Gegner geltend machen.

Der Einwand des Verschuldens des Unfallgegners im Verfahren gegenüber dem Vermieter ist nicht möglich.

Dem Mieter wird daher suggeriert, dass die Klärung der Schuldfrage gegenüber dem Gegner von seinem Unfallbericht sowie weiteren Informationen abhängt. Allerdings liegt durch gegenständliche Klausel eine Einschränkung, in Form der subjektiven Einschätzung bzw Willkür des Unternehmens vor. Die vermeintliche Möglichkeit einer "Vorabklärung" mit dem Unternehmer setzt den Konsumenten dahingehend unter Druck, die Schad- und Klagloshaltung für den Prozess des Vermieters gegen den Unfallgegner zu übernehmen, wobei vom Verbraucher kein Einfluss auf das Verfahren genommen werden kann. Dies führt zu einer "ungerechtfertigten und unkontrollierbaren Kostenbelastung" und somit zu einer gröblichen Benachteiligung.

Die "langjährige Erfahrung" ist laut LG Wiener Neustadt keine Rechtfertigung und weist keine Eignung auf, um gegen die "Einschätzung des am Unfall unmittelbar beteiligten Mieters aufgewogen zu werden". Denn dadurch würde das Kostenrisiko des Vermieters im Falle eines Prozesses abgewälzt werden.

Die Klausel führt daher zu einer gröblichen Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB.

Mehrere Mieter haften für Forderungen von SIXT aus diesem Vertragsverhältnis zur ungeteilten Hand (d.h.: jeder haftet bis zur vollen Höhe der Forderung). Gleiches gilt für den Mieter einerseits und alle Personen, denen der Mieter das Fahrzeug zur Nutzung überlässt, andererseits.

Gegenständliche Klausel wurde vom LG Wiener Neustadt als gegen § 864a ABGB verstoßend beurteilt, da sie sich im Abschnitt mit der Überschrift "Allgemeine Bestimmungen" befindet und ein Konsument mit einer derartigen Regelung an dieser Stelle nicht zu rechnen braucht.

Zudem stellt diese Klausel die Rechtslage falsch dar und verstößt somit gegen § 6 Abs 3 KSchG. Fälschlicherweise kommt es durch diese Klausel zum Eindruck, dass auch mit vertragsfremden Dritten wirksame Haftungsregeln in AGB vereinbart werden können. Die Klausel verstößt gegen das Richtigkeitsgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

Das LG Wr. Neustadt beurteilte diese Klausel auch als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, da für die Haftung von Dritten Personen, welchen auch nur kurzfristig das Fahrzeug vom Mieter überlassen wurde, keine sachliche Rechtfertigung vorliegt.

Im Falle leichter Fahrlässigkeit haftet SIXT (außer bei Personenschäden) maximal bis zur Höhe des vereinbarten Mietentgeltes.

Diese Klausel wurde vom LG Wiener Neustadt als zulässig erachtet. Zwar kann man davon ausgehen, dass das vereinbarte Mietentgelt "nur einen Bruchteil des typischen Schadens ausmacht", wenn zB der Autovermieter seine Pflichten leicht fahrlässig verletzt indem er Wartungsarbeiten nicht erledigt. Das Gericht stellte "kein massives Missverhältnis" fest, da eine Haftung bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz (gem einer weiteren Klausel) gegeben ist und somit lediglich eine "Haftung für Folgeschäden" in Betracht kommt. Nachdem weder eine komplette Freizeichnung für Sach- oder Personenschäden vorliegt und auch eine Autovermietung nicht eine derartige "wirtschaftliche Übermacht wie eine Großbank oder ein Kreditinstitut" hat, sowie ein Verbraucher diese Dienstleistung nicht "notwendigerweise in Anspruch nehmen muss", liegt laut LG Wiener Neustadt kein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vor.

Auch auf die zulässige Haftungsbeschränkung des Vermieters bei einer unentgeltlichen Überlassung von Fahrzeugen der Höhe nach, wurde Bezug genommen. Dies wäre auch auf die entgeltliche Autovermietung übertragbar. Weiters ist das Rückgriffsrecht nach § 67 VersVG im Falle leichter Fahrlässigkeit beschränkbar.

Die Beschränkung der Haftung des Vermieters bis zur Höhe des vereinbarten Mietentgeltes ist laut LG Wiener Neustadt daher nicht gröblich benachteiligend.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Stand 30.1.2015)

LG Wr. Neustadt 23.01.2015, 25 CG 37/14k
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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