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Verbesserter Schutz von Schuldnern bei Inkassobüros von Berufungsgericht bestätigt

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) geht im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums gegen Klauseln in einem Vertragsformblatt eines Inkassobüros mit Verbandsklage vor. Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) hat nun bestätigt, dass auf Ratenzahlungsvereinbarungen, die im vorliegenden Fall und in der Praxis regelmäßig einen entgeltlichen Zahlungsaufschub darstellen, das am 11.6.2010 in Kraft getretene Verbraucherkreditgesetz anzuwenden ist.

Das hat wesentliche Konsequenzen für die Schuldner: Zum einen gibt es ein gesetzliches Rücktrittsrecht, zum anderen können Zinsen, falls der effektive Jahreszinssatz nicht angegeben ist, auf die gesetzlichen Zinsen von 4 Prozent pro Jahr ermäßigt werden. Dazu gibt es umfangreiche Informationspflichten zu erfüllen.

Eine Reihe von Klauseln bzw Handelspraktiken des Inkassobüros wurde im Übrigen für intransparent erklärt.

Verbraucher, die Forderungen von Unternehmern zur Fälligkeit nicht zahlen können, machen sehr häufig Bekanntschaft mit Inkassobüros. Diese legen, im Auftrag der Gläubiger, den Verbrauchern häufig Vertragsformblätter vor, in denen die Verbraucher die Schulden, Zinsen und Inkassokosten anerkennen sollen und dafür eine Ratenvereinbarung abgeschlossen wird. Unterschreiben die Verbraucher diese Formblätter, gilt die dort bezifferte Forderung als anerkannt, Einwendungen können nicht mehr erhoben werden. Unklar ist dabei jedoch häufig die Höhe der anzuerkennenden Forderung. Den Ratenzahlungsangeboten werden neben der eigentlichen Forderung weitere Kosten des Inkassobüros, wie monatliche Evidenzgebühren, weitere Mahnkosten oder Erhebungskosten, zugeschlagen. Dazu kommt, dass die Klauseln der Formblätter in vielen Fällen nicht klar und verständlich, sondern intransparent sind.

Der VKI brachte daher im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums eine Verbandsklage gegen infoscore austria GmbH wegen verschiedener Klauseln in ihrem Vertragsformblatt ein.

Wie schon das Erstgericht beurteilte das OLG Wien die Anerkennungsklausel als intransparent, weil diese so gestaltet ist, dass dem Verbraucher kein klares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird. Unklar bleibt dabei insbesondere die Höhe der anzuerkennenden Forderung. Die Klausel ist daher unwirksam.

Das Ratenzahlungsangebot des Inkassobüros beurteilte das Gericht als "entgeltlichen Zahlungsaufschub" im Sinn des Verbraucherkreditgesetzes. Damit kommen auch die Verbraucherschutzbestimmungen dieses Gesetzes zur Anwendung:

  • Der Verbraucher kann - egal wo er die Ratenvereinbarung unterzeichnet hat - binnen 14 Tagen ab Unterschrift von seiner Vertragserklärung zurücktreten. Wird er darüber nicht korrekt belehrt, beginnt diese Frist erst, mit der Belehrung. Dieses Recht ist für jene von Interesse, die eine umstrittene Grundforderung oder die Inkassokosten in unberechtigter Höhe anerkannt haben. Der Rücktritt beseitigt die Rechtswirkungen des Anerkenntnisses - man kann also nun die Forderungen bestreiten und - wenn der Gläubiger klagt - gerichtlich prüfen lassen.
  • Der Verbraucher hat ein Recht darauf, umfassende Angaben im Vertragsformblatt - so insbesondere auch die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes - zu bekommen. Fehlt etwa die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes, dann kann der Verbraucher verlangen, dass er nur den gesetzlichen Zinssatz von 4 Prozent bezahlt und seine Raten neu berechnet werden.
  • Der Verbraucher hat ein Anrecht auch auf umfassende vorvertragliche Informationen.

Letztlich hat das Gericht auch klargestellt, dass die Betreibungskosten bei einer Vereinbarung nach Zahlungsverzug gesondert aufzuschlüsseln sind, um dem Verbraucher ein klares Bild seiner vertraglichen Position zu geben.  Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 05.03.2014).

OLG Wien 12.02.2014, 1 R 251/13h
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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