Zum Inhalt

Etappensieg gegen AvW

LG Klagenfurt spricht Anleger einen Betrag von € 268.550,- zu. Aufgrund einer Informationsveranstaltung vor drei Jahren in Wien, an der der Kläger und rund 20 andere AUA-Piloten teilnahmen, bestand selbst nach den Aussagen des Vertriebsdirektors der AvW kein Zweifel an der Rücknahmeverpflichtung der Genussscheine durch AvW.

Der Kläger hatte im Zeitraum 2005 bis 2007 auf Empfehlung eines Anlageberaters insgesamt 82 AvW-Genussscheine zum Gesamtpreis von € 222.251,20 gekauft. Er vertraute darauf, die Genussscheine jederzeit zu einem festgesetzten Monatskurs der Beklagten zum Rückkauf anbieten zu können. Die Rücknahmeverpflichtung der Genussscheine durch AvW war für den Kläger ein maßgeblicher Umstand für seine Kaufentscheidung. Anlässlich einer Informationsveranstaltung im März 2007, an welcher der Kläger teilgenommen hatte, wurde die Verpflichtung zur Rücknahme seitens des Vertriebsdirektors der AvW Invest AG quasi suggeriert.

Am 5.1.2008 beantragte der Kläger bei der AvW Invest AG den Rückkauf von 71 Genussscheinen. Mit Schreiben vom 14.11.2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Rückkauf bislang auf freiwilliger Basis erfolgt und nunmehr aufgrund eines Liquiditätsengpasses gestoppt worden sei. Die Genussscheine wurden demnach nicht zurückgekauft.

Der geschädigte Anleger klagte die AvW Gruppe AG als Emittentin sowie die AvW Invest AG als Vertriebsgesellschaft. 

Das LG Klagenfurt ging grundsätzlich von der Rückkaufsverpflichtung der beklagten Partei ex contractu aus; aufgrund des verwendeten Prospekt- und Schulungsmaterials durfte der Kläger darauf vertrauen, dass ihm die beklagte Partei jederzeit die von ihm gekauften Genussscheine auch wiederum zu dem zu Monatsbeginn ermittelten AvW-Index abnimmt. Insoweit hafte die Erstbeklagte bereits ex contractu, so das Gericht. In der Urteilsbegründung verwies das Gericht aber auch auf andere mögliche Anspruchsgrundlagen: Die Haftung der Erstbeklagten ergebe sich auch aus dem Titel des Schadenersatzes und der Prospekthaftung, wenn der Prospekt falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben enthalte. Überdies war das Gericht der Meinung, dass auch ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegen würde; die Genussscheine seien an der Börse nicht mehr handelbar, daher sei das Festhalten am Vertrag für den Kläger unzumutbar; es liege daher ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor.

Auch eine Haftung nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) wegen Verletzung von Informationspflichten (§ 13 Z 4 WAG a.F.) sei begründet, so das Gericht. Diese Informationspflichten treffen nicht nur die erstbeklagte Partei, sondern auch ihre Erfüllungsgehilfen (Zweitbeklagte). Nach § 1313a haftet die Erstbeklagte für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen wie für ihr eigenes Verschulden. Das Gericht ging davon aus, dass der Kläger von den für die zweitbeklagte Partei auftretenden Personen (Vertriebsdirektor, Anlageberater) nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Der Kläger wurde nämlich nicht nur nicht darauf hingewiesen, dass es keine Rücknahmeverpflichtung seitens der Erstbeklagten gibt, sondern vielmehr wurde er in freilich trügerischer Sicherheit einer solchen gewogen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

LG Klagenfurt 26.2.2010 22 Cg 146/09a
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Erich Holzinger, RA in Liezen

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Klauseln in den Geschäftsbedingungen der Erste Bank

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Online-Banking „George“ sowie zu Sparbüchern. Dabei wurden vor allem Vertragsbestimmungen zur Haftung der Kundinnen und Kunden in Missbrauchsfällen, unzulässige Anzeigepflichten sowie Klauseln zur Verzinsung von Sparbüchern beanstandet. Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte 14 Klauseln für unzulässig erklärt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der dagegen eingebrachten Revision der Erste Bank in keinem einzigen Punkt Recht, sondern bestätigte die Gesetzwidrigkeit der 14 Klauseln. 

OLG Wien bestätigt Gesetzwidrigkeit der Ausnahmesituationsklausel in der Rechtsschutzversicherung

Bereits Ende letzten Jahres erklärte das Handelsgericht (HG) Wien die Klausel in einem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren für gesetzwidrig. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien bestätigte das Urteil nun. Rechtsschutzversicherer dürfen die Klausel daher nicht als Grund für Deckungsablehnungen heranziehen. Das bedeutet, dass Versicherer coronabedingte Rechtsstreitigkeiten in vielen Fällen zu Unrecht ablehn(t)en. Das Urteil ist rechtskräftig.

Klauseln des Internetbanking-Schutzpakets der Unicredit unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Unicredit Bank Austria AG wegen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Internetbanking Schutzpaket „JUST-IN-CASE“. Dieses Produkt soll Verbraucher im Internetbanking gegen finanzielle Schäden durch Internetkriminalität absichern. Dabei klärte die Bank aber nicht ausreichend darüber auf, wann die Kunden nach dem Gesetz ohnehin keine Haftung trifft. Das Handelsgericht Wien (HG) hat nun alle eingeklagten Klauseln als unzulässig beurteilt. Das Urteil ist nur teilweise rechtskräftig, da die Beklagte zu einer Klausel Berufung erhoben hat

Urteil zur vorzeitigen Kreditrückzahlung

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Unicredit Bank Austria AG. Es geht in dem Verfahren um die Frage, ob bei vorzeitiger Kreditrückzahlung auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig zurückerstattet werden müssen und ob dies auch für die Rechtslage vor dem 1.1.2021 gilt. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI Recht und bestätigte, dass auch nach der alten Rechtslage bei vorzeitiger Kreditrückzahlung nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, sondern auch die laufzeitunabhängigen Kosten anteilig von der Bank zurückzuerstatten sind. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

VKI-Erfolg gegen Online-Broker DEGIRO

DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden, der auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform anbietet, über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums DEGIRO wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Nachdem bereits das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien dutzende Klauseln als unzulässig beurteilt haben, liegt nun die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) vor: Das Höchstgericht erachtet 48 Klauseln als gesetzwidrig.

Zum Seitenanfang