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Massenschadensklausel in Rechtsschutzversicherung hält

Die Stichworte WEB, AMIS, MEL, Immofinanz und AvW stehen für Massenschäden von Anlegern. Rechtsschutzversicherungen versuchen mit der "Massenschadensklausel" solche Fälle zu managen. Rechtsanwälte, die nicht zum Zug gekommen sind, haben unter dem Vorwand des "Konsumentenschutzes" - für die eigenen Interessen - gegen die Klausel geklagt und verloren.

In dem - in Folge des WEB-Skandals - geführten Zivilprozess gegen die Salzburger Sparkasse haben rund 3000 Kläger sich an Sammelklagen des VKI, der Advofin und der Rechtsschutzversicherer beteiligt. Bei einem Streitwert von zunächst rund 120 Mio Euro, später rund 60 Mio Euro prognostizierte das Gericht die Prozesskosten eines einzigen Verhandlungstages mit rund 400.000 Euro. Das unter der Annahme, dass auf beiden Seiten je zwei Rechtsanwälte auftreten.

Dieses Massenverfahren war nur führbar, weil sich VKI, Advofin und Rechtsschutzversicherungen auf ein Anwaltsteam einigen konnten, die auf Klägerseite die Sammelklagen gemanagt haben. Hätten die Rechtsschutzversicherer jedem Versicherungsnehmer gestattet, seinen eigenen Rechtsanwalt in das Verfahren einzubringen, dann wären die Kosten nicht mehr kalkulierbar und die Koordination der Klagsstrategie unmöglich geworden.

Rechtsanwälte, die bei Massenverfahren nicht zu dem Kreis der ausgewählten Anwälte zählten, haben offenbar die Klage des Rechtsanwaltsvereines initiert. Argumentiert wurde mit Konsumentenschutz: Das Recht auf freie Anwaltswahl im Versicherungsrecht werde eingeschränkt und die Klausel sei überdies intransparent und gröblich benachteiligend. Das Interesse dahinter: Díe freie Anwaltswahl sollte allen Rechtsanwälten Chancen geben, in Massenverfahren zu vertreten; und sei es auch mit der Konsequenz, dass solche Massenverfahren nicht mehr führbar wären.

Die Rechtsschutzversicherungen hielten entgegen, dass sie - im Hinblick auf die Schadensfälle und die Kosten - als Alternative zu der Klausel nur den Ausschluß der Deckung für solche Schäden vorsehen könnten. Dann wäre die Rechtsdurchsetzung bei Massenschäden - vor allem im Anlegerschutz - noch erheblich schwerer geworden. Das hat auch der OGH aufgegriffen und er sah in einer effizienten Organisation von Massenverfahren keine Einschränkung der Interessen der Verbraucher und keinen Verstoss gegen den Geist der freien Anwaltswahl in der Rechtsschutzversicherung.

Sosehr das Recht der freien Anwaltswahl in der Rechtsschutzversicherung zu begrüßen ist, sosehr ist auch diese Einschränkung der Anwaltswahl zugunsten der Führbarkeit von Massenverfahren zu begrüßen. Der OGH hat also durchaus im Interesse der Verbraucher entschieden.

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