Zum Inhalt

Urteil: Erfolg gegen BAWAG-Werbung für "Anlage-Duett"

Das HG Wien untersagt - aufgrund einer Verbandsklage des VKI (im Auftrag des BMSK) - in einer aktuellen Entscheidung der BAWAG, in ihrer Werbung für ihr Produkt "Anlageduett" zB durch den Slogan "6% p.a.fix-Kapitalsparbuch und Fonds mit Kapitalgarantie" den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie biete eine fixe Verzinsung für eine bestimmte Veranlagung, wie hier eine Kombination aus Sparbuch und Fonds. Tatsächlich bezieht sich der Zinssatz von 6% aber nur auf die Hälfte des veranlagten Betrages, und zwar begrenzt auf ein Jahr. Für den restlichen Betrag ist keine Mindestverzinsung gesichert und dieser muss für 7 Jahre veranlagt werden.

Die BAWAG schaltet Inserate u.a. in "standard", "Format" und "heute"  für ihr "Anlagaduett", eine Kombination aus Sparbuch und Fonds.

Unter dem Titel  "Von unserem neuen Anlageduett können Sie mehr erwarten" bewarb sie die Anlageform "Kapitalsparbuch, 6% p.a.fix (1 Jahr Laufzeit)& Fonds mit Kapitalgarantie (OptiAdjust Kapitalgarant II)", daneben schlagwortartig:  "6% p.a.fix"

Die sich in der Werbung mehrfach befindenden Sternchen wurden in dünnem Kleindruck am unteren Rand erklärt, wobei vor allem auf den in den Filialen erhältlichen Verkaufsprospekt und die Homepage bawag.at hingewiesen wurde.

Tatsächlich ist aber nur der auf dem Kapitalsparbuch erlegte Teilbetrag mit 6% für ein Jahr verzinst, für die Fondsanlage (Bindung von 7 Jahren) wird keine Mindestverzinsung zugesagt.

Die Beklagte wendete im Verfahren ein, dass  in keinem Inserat gesagt werde, dass die 6% Zinsen für beides gelten. Nachdem die Kunden vor Abschluss des Vertrages über die Konditionen ohnehin informiert würden, könne sie die Werbung allein zu keiner geschäftlichen Entscheidung veranlassen.

Das Gericht erblickte in der Werbung einen Verstoß gegen § 2 UWG.

Bei der Einschätzung der Irreführungseignung kommt es u.a. auf den Gesamteindruck an, den sie bei flüchtiger Betrachtung auf einen Kunden mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit macht. Auch richtige Behauptungen können gegen UWG verstoßen, wenn ihr die Adressaten etwas Unwahres entnehmen können. Vollständige Informationen sind nicht zu erwarten, Richtigkeit und Aussagekraft der Werbeschlagworte, die auch die Haupteigenschaften des Anbots definieren sollen, aber schon.

Durch die Hervorhebung des Fixzinssatzes von 6% p.a. entstehe der irrige Eindruck, beide Anlageformen würden eine solche Verzinsung bzw. Mindestverzinsung über die geamte Laufzeit garantieren. 

Diese prägnante und für das Anbot aussagekräftige Ankündigung werde durch die klein gedruckte Erläuterung der beiden Anlageformen nicht verständlich entkräftet. Dass bei einem Fonds "mit Kapitalgarantie" nur der Bestand des angelegten Kapitals, nicht aber ein bestimmter Ertrag zugesagt ist, sei dem Durchschnittsverbraucher nicht so bekannt und einleuchtend, dass damit die schlagwortartige Ankündigung, die einen Fixzinssatz von 6% verheiße, außer Kraft gesetzt wäre. Nicht erkennbar sei auch, dass dieser Zinssatz selbst für den am Sparbuch veranlagten Betrag nur für ein Jahr gelte, während die Fondsanlage über längere Zeit läuft, während der keine Zusage bezüglich der Zinsen gemacht wird.

Auch von einem durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher könne nicht erwartet werden, dass er offensichtlich fehlende Informationen aus der betreffenden Werbung unmittelbar erkennt und dennoch einen (richtigen) Eindruck gewinnt.

Neu definiert (durch die Umsetzung der RL über unlautere Geschäftspraktiken) werde im UWG die Frage, worüber man irregeführt wird- § 1 Abs 4 Z 7 UWG stellt auf "die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers" ab.

Die gegenständliche Irreführung halte den Verbraucher von einem Nicht-Tätigwerden ab, genauer: Der durch die Werbung falsche Eindruck hielte den Verbraucher vom Beschluss ab, das Geschäft nicht abzuschließen. Damit genüge auch für § 2 UWG neu der Grundsatz, dass die Irreführung geeignet sein muss, den Adressaten dazu zu veranlassen, dass er sich mit dem Anbot näher befasst. Dies schließe die Entscheidung, vom Anbot sofort Abstand zu nehmen, aus und erfülle den Tatbestand der geschäftlichen Entscheidung gemäß § 1 Abs 4 Z 7 iVm § 2 UWG.

Die BAWAG hat angekündigt auf Berufung zu verzichten; das Urteil wird rechtskräftig.

HG Wien vom 5.3.2008, 19 CG 193/07
Klagevertreterin: Dr.Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien
Volltextservice

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Irreführende Werbung von T-Mobile mit „Gratis“-Handy

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt. Der VKI beanstandete unter anderem, dass die „5G-Ready“-Tarife als Kombinationsangebot „Tarif plus Gratis-Handy“ angeboten wurden, obwohl die Grundgebühr höher war als beim Vergleichstarif ohne Handy. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI nun in zweiter Instanz Recht und sah in der Bewerbung des Handys als „gratis“ einen Wettbewerbsverstoß.

Deliktsgerichtsstand: Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung

Art 7 Nr 2 EuGVVO gilt für eine Klage, die auf die Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten gerichtet ist und die darauf gestützt wird, dass der Beklagte unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze.

Weiterer Erfolg bei „Garantieklauseln“ in fondsgebundenen Lebensversicherungen

Bereits Ende 2018 hatte das Handelsgericht (HG) Wien infolge eines vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfolgreich geführten Verbandsverfahrens eine sogenannte „Garantieklausel“, die sich in vielen fondsgebundenen Lebensversicherungen befindet, rechtskräftig für unwirksam erklärt. In einem anschließenden Musterprozess, der im Auftrag des Sozialministeriums geführt wurde, ging es um die daraus resultierenden Rechtsfolgen. Das Handelsgericht (HG) Wien gab dem VKI erneut Recht und urteilte, dass die Garantiezusage nicht durch Kostenabzüge wie Abschlusskosten oder Verwaltungskosten geschmälert werden darf.

Urteil: Schutzmaskenhersteller Silvercare wegen irreführender Werbung verurteilt

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums Klage wegen irreführender Geschäftspraktiken gegen die Silvercare GmbH, einen Schutzmaskenhersteller, eingebracht und vor dem Landesgericht (LG) Linz Recht bekommen: Die Silvercare GmbH darf die von ihr vertriebenen MNS-Masken nicht so bewerben, dass der Eindruck entsteht, sie würden den Träger gegen eine Infektion mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) schützen, obwohl die wissenschaftlichen Belege für den Schutz des Trägers nicht als gefestigt anzusehen sind. Das Urteil ist rechtskräftig.

Zum Seitenanfang