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Buchinger: Mehr Rechtssicherheit für Konsumenten bei Handyverträgen

Einseitig diskriminierende Vertragsänderungen und Änderungskündigungen von Mobilfunkbetreibern als rechtswidrig bestätigt.

Der Begriff "Änderungskündigung" in einer Klausel in einem Mobilfunkvertrag ist kein geläufiger Fachausdruck, der einem Durchschnittkunden die rechtlichen Folgen ausreichend vor Augen führt. Macht ein Teilnehmer nach Mitteilung einer Vertragsänderung von seinem Recht auf Widerspruch bzw. Kündigung Gebrauch, so ist es für ihn unzumutbar, dass sich der Mobilfunkbetreiber das Recht vorbehält, die angekündigte Vertragsänderung binnen 4 Wochen zurückzuziehen.

Das erkannte das Handelsgericht Wien in einem Verfahren, das der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag von Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger führt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Ein äußerst erfreuliches Urteil, das die Grenzen der Modalitäten von Vertragsänderungen und Kündigungen zulasten der Verbraucher aufzeigt", so Konsumentenschutzminister Buchinger in einer ersten Redaktion auf das Urteil.

Konkret erklärte das Handelsgericht Wien folgende zwei Vertragsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkbetreibers für sittenwidrig und unwirksam:

- Änderungskündigung:

Die Klausel sieht vor, dass der Mobilfunkbetreiber beabsichtigte Vertragsänderungen - die nicht ausschließlich begünstigenden Inhaltes sind  - dem Teilnehmer unter "gleichzeitiger Vornahme einer Änderungskündigung" mindestens einen Monat vor Inkrafttreten der Änderung schriftlich mitteilen wird.

Der Teilnehmer kann der Vertragsänderung widersprechen - in diesem Fall endet der Vertrag 4 Wochen nach der Widerspruchserklärung -das bedeutet, dass die Änderungskündigung eintritt. Der Mobilfunkbetreiber behält sich aber auch das Recht vor, im Fall des Widerspruches binnen 4 Wochen die Änderungskündigung zurückzuziehen. In diesem Fall bleibt der Vertrag in unveränderter Form aufrecht bestehen.

Diese Klausel ist nach dem HG Wien zum Teil unverständlich und daher intransparent und zum anderen Teil sittenwidrig:
Der Begriff "Änderungskündigung" ist nämlich kein geläufiger Fachausdruck. Es besteht die Gefahr, dass für einen normalen Durchschnittskunden nicht erkennbar ist, dass durch sein widerspruchsloses Hinnehmen der Kündigung ein neues Vertragsverhältnis begründet wird. Vielmehr wird ein Durchschnittskunde annehmen, dass nur die angesprochene Klausel geändert wird (z.B. das Entgelt). Dieser Irrtum könnte nachteilige Folgen haben: So würde etwa auch eine zusätzliche Vertragsbindung - üblicherweise 18 Monate - ab Eintritt der Vertragsänderung neu zu laufen beginnen.

Dieser Teil der Klausel ist daher laut Gericht intransparent und daher unwirksam.

Die 4-wöchige Frist, innerhalb der Mobilfunkbetreiber im Fall des Widerspruchs seine Änderungskündigung zurück ziehen kann, ist laut Gericht dem Verbraucher unzumutbar. Diese Bestimmung ist gröblich benachteiligend, da es nur der Mobilfunkbetreiber in der Hand hat festzulegen, was endgültig mit dem Vertrag passiert. Der Verbraucher befindet sich nämlich ein Monat nach seiner Widerspruchserklärung in einem Schwebezustand. Er weiß nicht, ob die Änderungskündigung zurückgezogen wird. Daher kann er auch nicht disponieren, etwa ein anderes günstiges Angebot annehmen bzw. stünde er nach Ablauf der 4-wöchigen Frist plötzlich ohne Vertragspartner da.

Dieser Teil der Klausel ist daher sittenwidrig und wirksam

- außerordentliche Kündigung

Die zweite Klausel ist inhaltsgleich mit der ersten Klausel, geht jedoch nicht von einer Änderungskündigung durch den Mobilfunkbetreiber aus, sondern bezeichnet den Widerspruch des Teilnehmers gegen Vertragsänderungen als "außerordentliche Kündigung" des Teilnehmers. Auch in diesem Fall behält sich der Mobilfunkbetreiber das Recht vor, auf die Vertragsänderung binnen 4 Wochen ab Widerspruchserklärung (Kündigung) zu verzichten. Das Gericht urteilte wie zur ersten Klausel: Wiederum entsteht ein für den Teilnehmer unzumutbarer Schwebezustand von 4 Wochen, da es der Mobilfunkbetreiber auch in diesem Fall in der Hand hat, was endgültig mit dem Vertrag passiert.

Daher ist auch diese Klausel gröblich benachteiligend unwirksam.

"Dieses Urteil ist ein Beitrag zu mehr Verbraucherschutz und Transparenz. Ich gehe davon aus, dass die Mobilfunkbetreiber daraus ihre Lehren ziehen und die Verträge entsprechend adaptieren. Ich werde allerdings nicht davor zurückschrecken, weiterhin entsprechende Klagen zu führen, um Rechtssicherheit zu schaffen und den festgeschriebenen Rechten von KonsumentInnen zum Durchbruch zu verhelfen", so Konsumentenschutzminister Buchinger abschließend.

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