Zum Inhalt

Brand in Griechenland - Reiserücktritt?

Auf der griechischen Halbinsel Chalkidike wüten derzeit Waldbrände. Zeitungsberichten zufolge war die Feuerfront nach Schätzungen neun Kilometer lang. In den Feriensiedlungen Polychrono, Hanioti, Kriopigi und Pefkochori wurden Hotels und Campingplätze und Wohnhäuser evakuiert.

Es wurden mindestens 20 Häuser in der Region Kassandra zerstört, dutzende Menschen mussten mit Atemnot in Krankenhaus gebracht werden. Drei weitere Waldbrände wüten in Südgriechenland und auf der westlichen Halbinsel Zakynthos.

Ein derartiger Waldbrand ist nach Ansicht des VKI nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen, sondern ein Fall "höherer Gewalt". Der oberste Gerichtshof hatte sich mit der Frage, ob ein Fall "höherer Gewalt" zu einem kostenlosen Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt, bereits mehrmals zu beschäftigen, und folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Es gibt ein kostenloses Rücktrittsrecht (wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgrund von höherer Gewalt) wenn eine Gefahr - auch im Lichte seriöser Medienberichte - so hoch erscheint, dass ein Durchschnittsreisender die Reise nicht antreten würde. Diese Brände sind unseres Erachtens nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen.

Eine offizielle Reisewarnung des Aussenministeriums ist ein klares Indiz für eine solche Gefahr und rechtfertigt einen kostenlosen Rücktritt jedenfalls. Entgegen der Ansicht der Reiseveranstalter hat der OGH aber auch ausgesprochen, dass, wenn eine solche Gefahr im Lichte seriöser Medienberichte als gegeben erscheint, ein Rücktritt auch ohne offizielle Reisewarnung möglich sein muss. Das Aussenministerium (www.bmaa.gv.at) hat keine offizielle Reisewarnung ausgesprochen, rät aber von Reisen auf die Halbinsel Kassandra aufgrund der massiven Umweltbelastung (Rauchgas) ab.

Voraussetzung für eine kostenlosen Rücktritt ist weiters die Unkenntnis der Gefahrenlage bei Buchung der Reise. Wer daher bei der Buchung bereits Kenntnis von Waldbränden in der Nähe der Urlaubsdestination hat, kann sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen!

Weitere Voraussetzung für Reisende, deren Abreise noch weiter in der Zukunft liegt, ist zunächst abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. Nach Medienberichten entspanne sich die Situation in einigen Gebieten wieder und seien dort die Waldbrände unter Kontrolle. (Zu beachten ist, dass eine allfällige Stornogebühr desto geringer ist, desto länger es noch bis zur Abreise dauert.)

Der OGH billigt den Reiseveranstaltern zu, dass er einem Wunsch nach einem kostenlosem Rücktritt ein Angebot auf eine zumutbare (und kostenlose) Umbuchung entgegenhält. Gibt es nicht gute Gründe, die Umbuchung abzulehnen (dies sollte schriftlich dokumentiert werden), dann muss man diese akzeptieren. Will man dass nicht, dann ist die Stornogebühr zu bezahlen.

Vorzeitige Rückreise:

Ist der weitere Aufenthalt nicht mehr vertragskonform möglich, weil etwa der Brand nicht gelöscht werden kann, das Hotel zerstört wurde oder die Rauchgase nicht abnehmen, und muss aus diesem Grund die Reise vorzeitig abgebrochen werden, dann besteht gegenüber dem Reiseveranstalter ein Anspruch auf Rückzahlung des - nach Tagen berechneten - anteiligen Reisepreises, dagegen aber keinen Anspruch auf Schadenersatz (zB entgangene Urlaubsfreude, Mehrkosten für einen vorzeitigen Rückflug,..) weil den Reiseveranstalter an der Umweltsituation kein Verschulden trifft.

Ein Recht auf vorzeitigen Abbruch der Reise gegen Preisersatz besteht jedoch nicht, wenn der Urlaub vertragskonform fortgesetzt werden kann, weil keine Gefahr mehr besteht. Hier kommen allenfalls Preisminderungsansprüche aus dem Titel der Gewährleistung für die Zeit in Betracht, in der der Urlaub wegen des Feuers nicht in der gebuchten Form verbracht werden konnte.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

19 unzulässige Klauseln der Laudamotion GmbH

Der VKI führte im Auftrag des Sozialministeriums ein Verfahren gegen die Laudamotion GmbH wegen diverser Klauseln in deren Allgemeinen Beförderungsbedingungen. Ein zentraler Punkt der Beanstandungen betrifft Klauseln, die es den Reisenden erschweren sollen, ihre Rechte gegen Laudamotion durchzusetzen. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien erklärte nun 19 Klauseln für unzulässig.

Erfolg gegen Wizz Air bei Rückforderung wegen Flugstornierung

Zwei Konsumenten buchten im Februar 2020 Hin- und Retourflüge von Wien nach Lissabon. Geplanter Reisezeitraum war Anfang Mai 2020. Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Pandemie stornierten sie ihre Flüge, Wizz Air erstattete ihnen das Geld allerdings nicht zurück. Der VKI klagte daher im Auftrag des Sozialministeriums für die beiden Konsumenten dieses Geld ein und war damit beim Bezirksgericht Schwechat erfolgreich: Die beiden Konsumenten erhielten von Wizz Air den kompletten Betrag für die Flugtickets (ca. € 350,-) zurück.

Organisierter Pilotenstreik berechtigt Fluglinie nicht zur Verweigerung von Ausgleichszahlung

Ein von einer Gewerkschaft von Beschäftigten eines Luftfahrtunternehmens organisierter Streik, mit dem ua Gehaltserhöhungen durchgesetzt werden sollen, und bei dem die Anforderungen des nationalen Rechts, insb die darin für die Vorankündigung vorgesehene Frist, beachtet wird, ist kein „außergewöhnlicher Umstand“, der die Fluggesellschaft von ihrer Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen wegen Annullierung oder großer Verspätung der betroffenen Flüge befreit.

Zum Seitenanfang