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AvW-Konkurs - VKI führt Musterprozesse

Forderungen der Geschädigten vom Masseverwalter bestritten - Gericht ermöglicht Musterprozesse

Morgen findet im Konkursverfahren gegen die Firma AvW Gruppe AG um 10.00 am Landesgericht Klagenfurt die Prüfungstagsatzung statt. Die Masseverwalter werden - zur Vorsicht - die Forderungen der geschädigten Anleger bestreiten. Das Gericht wird den Anlegern lange Fristen für das Einbringen von Klagen einräumen. Diese Fristen werden genutzt, damit offene Rechtsfragen in Musterprozessen exemplarisch geklärt werden können.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) wird - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - für Geschädigte diese Musterprozesse gegen die Masseverwalter führen. Den Ausgang dieser Verfahren können andere Geschädigte abwarten.

Im Konkurs gegen die AvW Gruppe AG haben tausende geschädigte Anleger Schadenersatzforderungen angemeldet. In der morgen stattfindenden Prüfungstagsatzung erwartet der VKI, dass diese Forderungen von Seiten der Masseverwalter (Insolvenz-verwaltungsges.m.b.H. mit Geschäftsführer Dr. Gerhard Brandl in Klagenfurt) - zur Vorsicht - bestritten werden. In der Folge sollen eine Reihe von Musterprozessen - die vom VKI geführt werden - Klarheit zu einer Reihe von Rechtsfragen bringen. Die Geschädigten können - weil das Gericht lange Fristen für das Einklagen der bestrittenen Forderungen einräumen wird - den Ausgang dieser Verfahren abwarten.

Grundsätzlich wird zu klären sein, ob die große Masse der Gläubiger - das sind die geschädigten Anleger - als Fremdkapitalgeber als Insolvenzgläubiger am Konkursverfahren teilnehmen, oder ob es sich dabei um Forderungen aus Eigenkapital handelt, sodass die Forderungen erst nachrangig nach Befriedigung der Insolvenzforderungen zum Zug kommen.

Bei all jenen Genussscheininhabern, die einen Genussschein der AvW in der Zeit vom 1.10.2008 bis 22.10.2008 zum Rückkauf angeboten haben bzw. den Rückkauf begehrt haben, stellt sich die Frage, ob dadurch bereits ein Vertrag zustande gekommen ist, der Anspruch auf Zahlung des Rückkaufpreises auf der Grundlage des Genussscheinkurses Stand Oktober 2008 gibt. Diese Gläubigergruppe hätte dann nicht bloß auf Ersatz des Vertrauensschadens (Kaufpreis + Agio + gesetzliche Zinsen) Anspruch, sondern Anspruch auf das (höhere) Erfüllungsinteresse aus dem abgeschlossenen Rückkaufsvertrag.

Gegenstand eines weiteren Musterprozesses sollte ein Genussscheinkauf über die Börse in Frankfurt sein. Ein weiterer Musterprozess soll der Abklärung dienen, welche rechtliche Qualität die Kapitalgarantie darstellt, welche mündlich bzw. schriftlich im Nachhinein im Mitteilungsschreiben an Genussscheinkäufer in der Zeit zwischen etwa 1.01.1995 und Juni 2001 abgegeben wurde. Dabei wird vor allem die Frage zu klären sein, ob diese Gläubiger zumindest Anspruch auf das eingesetzte Kapital (Kaufpreis) haben.

 Ein letzter Musterprozess soll der Abklärung dienen, wie mit der den Genussscheinbedingungen 1999 der AvW Invest AG eingeräumten Rückkaufsverpflichtung (einschließlich deren Überbindung im Umtauschschreiben 2001 auf die AvW Gruppe AG) umzugehen ist.

"Der VKI will - durchaus im Dialog mit den Masseverwaltern - beitragen, dass offene Rechtsfragen geklärt und Rechtssicherheit geschaffen wird. Das soll aber möglichst kostenschonend und ohne Risiko für die Masse der Geschädigten erfolgen", erläutert Ass.jur. Christina von Kopp Ostrowski, zuständige Juristin im Bereich Recht des VKI, die Strategie des VKI. Die Masse der Geschädigten kann - innerhalb der vom Gericht gewährten Frist - abwarten, bis die Musterprozesse vom Obersten Gerichtshof entschieden werden.

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