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3% Preiszuschlag für „Ausfallhaftung“ unzulässig

In einem Verbandsverfahren klagte die Bundesarbeiterkammer einen Unternehmer, der als Wärmelieferant und als Abrechnungsunternehmen tätig ist. Wenn die Beklagte Verträge über die Abwicklung der Wärmelieferung und Abrechnung der Wärmekosten schließt, verwendet sie österreichweit in ihren AGB bzw Vertragsformblättern zum Einzelwärmeliefervertrag folgende Klausel in einem Preisblatt: „…gelten … folgende Preise … zuzüglich 3 % der abgerechneten Wärme- und Wasserkosten für Ausfallhaftung.“

Damit verlangt die Beklagte eine Pauschale für „Ausfallhaftung“ als Absicherung. Die Beklagte betreibt offene Kosten bei zahlungsunwilligen bzw -unfähigen Kunden mittels Mahnungen und Klagen. Der verrechnete „Ausfall“ beträgt idR je nach vertraglicher Vereinbarung pro Kunde ca 2 % bis 3 % der abgerechneten Wärme- und Wasserkosten. In der Jahresabrechnung wird der für die jeweilige Anlage errechnete Betrag für „Ausfallhaftung“ angeführt.

Kontrollfähig nach § 879 Abs 3 ABGB

Der 3%ige Zuschlag für „Ausfallhaftung“ betrifft nicht die eigentliche Hauptleistung. Die vom Endkunden zu erbringende Hauptleistung besteht in dem der Beklagten geschuldeten Entgelt für deren Tätigkeit im Zuge der Ablesung und Abrechnung bzw für die Energielieferung. Die von den Verbrauchern nach der Klausel zu übernehmenden (zusätzlichen) Kosten eines (allfälligen) Ausfalls gelten aber nicht die Leistungen der Beklagten im Verhältnis zu diesen Verbrauchern ab, sondern betreffen potenzielle Kosten, die der Beklagten im Verhältnis zu Dritten entstehen könnten.

Der beanstandete Zuschlag gehört damit nicht zu den Hauptpunkten, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein Vertrag zustande kommt (essentialia negotii). Ebensowenig handelt es sich dabei um ein Zusatzentgelt, das für eine besondere Mehrleistung der Beklagten vorgesehen ist.

Der Zuschlag kann daher nicht als Teil des Energiepreises im Vertragsverhältnis zum jeweiligen Endkunden verstanden werden, betrifft er vielmehr eine Abgeltung des unternehmerischen Risikos, das die Beklagte bei anderen Verträgen eingeht.

Gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB

Nach dem dispositivem Recht haftet ein Verbraucher seinem Vertragspartner nicht für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten Dritter gegenüber diesem Vertragspartner. Eine sachliche Rechtfertigung für die Abweichungen vom dispositiven Recht liegt nicht vor. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Zuschlag pauschal verrechnet wird und die Beklagte davon auch dann profitiert, wenn sie keinen Ausfall erleidet. Dem Zuschlag für einen potentiellen Ausfall steht keine Gegenleistung der Beklagten gegenüber. Der (behauptete) Umstand, dass es der Beklagten wegen ihrer Marktposition möglich ist, ihren Kunden Energie zu verbilligten Preisen zu liefern, steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Zuschlag. Weiters ist zu beachten, dass die Verbraucher von der zentralen Wärmeanlage des Hauses abhängig sind. Schließen sie den Wärmeliefervertrag mit der Beklagten nicht ab, werden sie von der Wärmeversorgungsanlage abgetrennt und sind dann auf eine dezentrale Wärmeversorgung (zB Stromheizung, E-Boiler) angewiesen. Es ist notorisch, dass damit Mehrkosten für diese Verbraucher verbunden sind. Die Vorinstanzen haben damit zutreffend die objektive Äquivalenzstörung (Zuschlag ohne Gegenleistung) und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ der Verbraucher (Abhängigkeit von der zentralen Wärmeanlage) berücksichtigt.

OGH 20.1.2021, 3 Ob 202/20g

Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil im Volltext.

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