Zum Inhalt

OGH - "Hol Dir Dein Stickerbuch!" ist verbotene Kinderwerbung

Verbandsklagen des VKI gegen SPAR und BILLA erfolgreich.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ging mit Verbandsklagen gegen direkte Kaufaufforderungen der Lebensmittelketten SPAR und BILLA im Zusammenhang mit deren Sticker-Sammelalbum-Aktionen vor. "Hol Dir Dein Stickerbuch" oder ähnliche Aufforderungen gerichtet an Kinder (das sind Minderjährige unter 14 Jahren) sind nach Ziffer 28 des Anhanges zum Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) verboten. Im Fall von SPAR hat dies der Oberste Gerichtshof (OGH) nunmehr rechtskräftig entschieden. Im Fall von Billa liegt ein ähnliches Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vor; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Bei SPAR ging es um die "Entdeckungsreise zu den Wüsten und Steppen", bei BILLA um "Rekorde im Tierreich". In beiden Fällen sollten Kinder animiert werden, Sticker zu sammeln und in Sticker-Sammel-Büchern einzukleben. Diese Bücher und auch die Sticker gab es gegen Entgelt bzw als Zugabe für Einkäufe in bestimmter Höhe.

Im Rahmen dieser Verkaufsförderungsaktionen wurden - bei SPAR in den Filialen, bei BILLA auch auf einer eigenen Web-Site (www.billa4kids.at) - Kinder direkt angesprochen. "Hol Dir hier das Buch dazu. Stickersammelbuch zum Sensationspreis" wurde bei SPAR geworben; bei BILLA war man auch per "Du" und formulierte: "Hol Dir jetzt Dein Stickerbuch!".

In Ziffer 28 des Anhanges zum UWG ist eine direkte Aufforderung an Kinder in der Werbung, die beworbenen Produkte zu kaufen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene zu überreden, die beworbenen Produkte für sie zu kaufen verboten.

Der VKI klagte daher - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - die beiden Lebensmittelketten. Die Gerichte gaben dem VKI Recht. Das Urteil des OGH gegen SPAR ist rechtskräftig. Das Urteil des OLG Wien gegen BILLA könnte nur mit einer außerordentlichen Revision angefochten werden.

Die Gerichte stellen klar, dass im Wettbewerbsrecht unter "Kinder" jedenfalls Minderjährige unter 14 Jahren zu verstehen sind. Das Argument der Unternehmer, wonach man nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch nur Personen unter 7 Jahren verstehe, wurde nicht auf das Wettbewerbsrecht ausgedehnt.

Die Verwendung des Imperativ ("Hol Dir ….") wurde ganz klar als eine direkte Kaufaufforderung angesehen. Aber auch die Aufforderung, sich Sammel-Sticker auf dem Umweg über Zugaben zum Einkauf der Eltern zu holen, ist verboten.

Dagegen wurde die Fernsehwerbung von BILLA, wo die Aktion generell beworben wurde, nicht als gesetzwidrig angesehen.

OGH 18.9.2012, 4 Ob 110/12y (SPAR)
OLG Wien 27.9.2012, 5 R 69/12x(BILLA)

Volltextservice
Klagevertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RAin in Wien
 

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Irreführende Werbung von T-Mobile mit „Gratis“-Handy

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt. Der VKI beanstandete unter anderem, dass die „5G-Ready“-Tarife als Kombinationsangebot „Tarif plus Gratis-Handy“ angeboten wurden, obwohl die Grundgebühr höher war als beim Vergleichstarif ohne Handy. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI nun in zweiter Instanz Recht und sah in der Bewerbung des Handys als „gratis“ einen Wettbewerbsverstoß.

Weiterer Erfolg bei „Garantieklauseln“ in fondsgebundenen Lebensversicherungen

Der Versicherer darf die von ihm gewährte Kapitalgarantie nicht durch Kostenabzüge (Abschlusskosten, Verwaltungskosten) schmälern, wenn er diese Kosten nicht transparent und für den Verbraucher vorhersehbar dargestellt hat. Das urteilte das Handelsgericht (HG) Wien in dem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Musterverfahren gegen die UNIQA.

Schutzmaskenhersteller Silvercare wegen irreführender Werbung verurteilt

Im Kampf gegen unzulässige Bewerbung von Corona-Schutzausrüstung kann der Verein für Konsumenteninformation (VKI) neuerlich einen Erfolg für sich verbuchen. Das Landesgericht (LG) Linz gab dem VKI in dem im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren Recht und verbot der Silvercare GmbH die Bewerbung der von ihr vertriebenen NMS-Masken mit wissenschaftlich nicht belegten Schutzwirkungen.

OGH-Urteil zu Viagogo

Irreführung über die Ticketart als personalisiertes Ticket und Identität des Verkäufers

Zum Seitenanfang