Zum Inhalt

EuGH: Irreführende Etikettierung bei Teekanne "Himbeer-Vanille"

Nach einer Vorabentscheidung des EuGH verstößt eine Etikettierung eines Lebensmittels, die durch Aussehen, Bezeichnung oder bildliche Darstellung den Eindruck erweckt, dass eine bestimmte Zutat enthalten ist, gegen EU-Recht, wenn diese Zutat tatsächlich nicht vorhanden ist und sich dies allein aus dem Zutatenverzeichnis auf der Verpackung ergibt.

Deutscher Anlassfall war der Früchtetee unter der Bezeichnung "Felix Himbeer-Vanille Abenteuer" von Teekanne. Auf dessen Verpackung sind ua Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten abgebildet sowie die Angaben "Früchtetee mit natürlichen Aromen", "Früchteteemischung mit natürlichen Aromen - Himbeer-Vanille-Geschmack" und "nur natürliche Zutaten".

Aus dem Zutatenverzeichnis auf der Verpackungsseite ergibt sich allerdings, dass der Früchtetee tatsächlich keine natürlichen Zutaten aus Vanille oder Himbeere oder aus diesen gewonnene Aromen enthält, sondern nur "natürliches Aroma mit Vanille-Geschmack" und "natürliches Aroma mit Himbeergeschmack".

Der deutsche BGH legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die Etikettierung eines Lebensmittels den Verbraucher irreführen kann, wenn sie den Eindruck des Vorhandenseins einer Zutat erweckt, die in Wahrheit gar nicht enthalten ist und der Verbraucher dies nur feststellen kann, wenn er das Zutatenverzeichnis konsultiert.

Nach Ansicht des EuGH vermag das Zutatenverzeichnis auf der Verpackung eine derartige Irreführung des Käufers für sich allein nicht auszuschließen (Art 2 Abs 1 lit a Ziffer i RL 2000/13/EG = Etikettierungs-RL). Die Etikettierung umfasse vielmehr alle Angaben, Kennzeichnung, Abbildungen oder Zeichen, die sich auf der Verpackung befinden. Sind diese unwahr, falsch, mehrdeutig oder widersprüchlich, kann das Zutatenverzeichnis nicht ausreichen, um einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers zu berichtigen.

Entscheidend für die Irreführungseignung ist daher, ob die Etikettierung und deren Art und Weise insgesamt einen unrichtigen Eindruck über die Zutaten beim Verbraucher entstehen lassen. Dabei kommt es ua auf die verwendeten Begriffe und Abbildungen sowie Platzierung, Größe, Fare, Schriftart, Sprache, Syntax und Zeichensetzung der verschiedenen Elemente auf der Verpackung an.

EuGH 04.06.2015, C-195/14, Teekanne

Anmerkung:
Vgl zur bisherigen Judikatur des OGH zum Thema 4 Ob 228/10y, wonach der mündige Konsument von einem als "Waldbeeren Fruchtschnitte" bezeichneten Produkt weder eine unter Verwendung ganzer Früchte, noch - im Verhältnis zu anderen Obstzutaten - überwiegend aus Waldbeeren hergestellte Fruchtschnitte erwarte und das mengenmäßige Verhältnis von Grundmasse und namensgebender Obstsorte bei einer Fruchtschnitte in der Verbrauchererwartung und damit für die Kaufentscheidung nur eine untergeordnete Rolle spiele (keine Irreführungseignung nach UWG; kein Verstoß gegen die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993).

Vgl auch 4 Ob 200/05y: Irreführung, wenn das auf Joghurt-Basis hergestellte Salat-Dressing als "naturrein" beworben wird, obwohl ihm als Stabilisator "modifizierte Stärke" zugesetzt wird.

Das Urteil im Volltext

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Irreführende Werbung von T-Mobile mit „Gratis“-Handy

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Telekommunikationsanbieter T-Mobile wegen irreführender Bewerbung der „5G-Ready“-Tarife geklagt. Der VKI beanstandete unter anderem, dass die „5G-Ready“-Tarife als Kombinationsangebot „Tarif plus Gratis-Handy“ angeboten wurden, obwohl die Grundgebühr höher war als beim Vergleichstarif ohne Handy. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI nun in zweiter Instanz Recht und sah in der Bewerbung des Handys als „gratis“ einen Wettbewerbsverstoß.

Weiterer Erfolg bei „Garantieklauseln“ in fondsgebundenen Lebensversicherungen

Der Versicherer darf die von ihm gewährte Kapitalgarantie nicht durch Kostenabzüge (Abschlusskosten, Verwaltungskosten) schmälern, wenn er diese Kosten nicht transparent und für den Verbraucher vorhersehbar dargestellt hat. Das urteilte das Handelsgericht (HG) Wien in dem vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums geführten Musterverfahren gegen die UNIQA.

Schutzmaskenhersteller Silvercare wegen irreführender Werbung verurteilt

Im Kampf gegen unzulässige Bewerbung von Corona-Schutzausrüstung kann der Verein für Konsumenteninformation (VKI) neuerlich einen Erfolg für sich verbuchen. Das Landesgericht (LG) Linz gab dem VKI in dem im Auftrag des Sozialministeriums geführten Verfahren Recht und verbot der Silvercare GmbH die Bewerbung der von ihr vertriebenen NMS-Masken mit wissenschaftlich nicht belegten Schutzwirkungen.

OGH-Urteil zu Viagogo

Irreführung über die Ticketart als personalisiertes Ticket und Identität des Verkäufers

Zum Seitenanfang