Wien (SK) - Gesetzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation für private Schuldner planen Justizministerin Maria Berger und Sozial- und Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger. Im Rahmen der Wilhelminenberggespräche des Konsumentenschutzministeriums, die sich heuer dem Thema Privatkonkurs und Verzugszinsen widmen, präsentierten Berger und Buchinger gemeinsam ihre Pläne für Gesetzesänderungen in diesem Bereich. Denn obwohl die Einführung des Privatkonkurses 1995 ein "Meilenstein" der Konsumentenschutzpolitik war, der privaten Schuldnern eine "realistische Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang bietet", so Buchinger in einer Pressekonferenz, gebe es noch erhebliche Probleme beim Zugang zum Privatkonkurs, vor allem für Menschen mit sehr niedrigem Einkommen. ****
Die Hürde dabei ist die Mindestquote von zehn Prozent der Forderungen, die im Abschöpfungsverfahren zurückgezahlt werden müssen. Eine Studie der ASB Schuldnerberatung zeigt auf, dass rund 12,6 Prozent der redlichen SchuldnerInnen im Privatkonkurs vor allem deswegen scheitern. Häufig wird die Mindestquote auch nur deshalb erreicht, weil aufs Existenzminimum zurückgegriffen wird, was vor allem Frauen betrifft. Einkommensschwache Personen sind somit vom Privatkonkurs oft ausgeschlossen.
Hier ortet Buchinger "dringenden Handlungsbedarf" und will in Kooperation mit dem Justizministerium Vorschläge entwickeln. Eine Möglichkeit wäre der Entfall oder die Senkung der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren, so Buchinger. Dazu gab allerdings Berger zu bedenken, dass die Mindestquote auch wichtig sei, damit sich die Gläubiger überhaupt darauf einlassen. Eine andere Möglichkeit wäre, die jetzt schon im Gesetz bestehenden "Billigkeitsgründe", um von der Mindestquote abzuweichen, auch um subjektive Gründe zu erweitern, etwa schwere Krankheit, so die Justizministerin. Auch Buchinger sieht in dieser Lösung eine mögliche Alternative und erwähnte etwa Langzeitarbeitslosigkeit mit wenig Chance auf Rückkehr in den Arbeitsmarkt als möglichen Billigskeitsgrund für eine geringere Quote.
Jedenfalls sollten Personen, die zahlungswillig aber zahlungsunfähig sind, nicht laufend von Exekutionen bedroht sein. Bei Zahlungsunfähigkeit sollte es zu einem Stopp der Exekutionen kommen, so Buchinger.
Ein Anliegen ist den beiden Ministern auch die Begrenzung der Inkasso-Kosten. Das Eintreiben der Schulden mithilfe von Inkasso-Büros habe in den letzten Jahren stark zugenommen, so Berger. Das bedeute für die Schuldner oft erhebliche Kosten und ein Anwachsen des Schuldenbergs. Die Justizministerin will deshalb diese Inkasso-Kosten durch ein eigenes Tarifsystem, wie es dies auch bei den Rechtsanwälten gibt, begrenzen.
Als weiteres Problem bei der Entschuldung für Private nannte Berger die hohen Verzugszinsen; die ständig steigenden Verzugszinsen führen oft dazu, dass sich die Gesamtschuld innerhalb weniger Jahre oft verdoppelt. Berger kann sich hier vorstellen, dass die Rückzahlung auf die Gesamtschuld angerechnet wird.
Beide Minister betonten die Wichtigkeit der Schuldnerberatungsstellen. Eine Studie zeige, dass deren ökonomische Effizienz die Kosten um ein Vierfaches übersteigt. Berger und Buchinger wollen diese Beratungsstellen aufwerten und aufstocken. Von Seiten des Justizministeriums wird in nächster Zeit ein Gütezeichen herausgegeben, um gemeinnützige Schuldnerberatungen von profitorientierten klar zu trennen. Außerdem sollten sich auch die Gläubiger - Kreditwirtschaft und Handel -, die von den Beratungsstellen ja profitieren, an deren Finanzierung beteilen, forderte Buchinger.
Seit der Einführung des Privatkonkurses in Österreich wurden 30.000 Verfahren eröffnet. Im Jahr 2006 gab es 6.300 Verfahren, im Schnitt lag die Verschuldung bei 63.565 Euro. Allein im ersten Quartal 2007 wurden 2.100 Privatkonkurse beantragt. Insgesamt gibt es rund 300.000 überschuldete Haushalte in Österreich, die Gläubiger sind am häufigsten aus Handel/Gewerbe und Industrie und Kreditinstitute. Der "durchschnittliche" Schuldner ist zwischen 30 und 40 Jahre alt und männlich.