"Sehr sicher und jederzeit verfügbar" wollte ein Konsument 2008 Geld aus einem Wohnungsverkauf anlegen. Er wandte sich daher an seinen Anlageberater von AWD. Dieser empfahl ihm daraufhin (neben einer Veranlagung in einen anderen Fond) eine Veranlagung in den (hochriskanten) Herald Fond USA (ein Fonds des Mega-Betrügers Bernie Madoff). Der Anlageberater sprach von einer "Veranlagung die so sicher wie ein Sparbuch" sei, mit der man aber eventuell mehr Ertrag machen könne. Beim Beratungsgespräch wies der (zu diesem Zeitpunkt arbeitslose) Konsument wiederholt darauf hin, dass dieses Geld sein einziges sei und dass es daher sicher angelegt sein müsse; außerdem müsse es jederzeit behebbar sein.
Das Beratungsprotokoll wurde zum Teil (betreffend Kenntnisse, Erfahrungen und finanzielle Verhältnisse) gar nicht ausgefüllt; die Punkte Risikobereitschaft (gering) und Veranlagungshorizont (kurzfristig) wurden vom Berater wahrheitsgemäß nach den Aussagen des Konsumenten angekreuzt. Über die hohen Risiken, die gerade mit dieser Anlage verbunden waren und aus dem Verkaufsprospekt des Herald Fonds SPC ersichtlich gewesen wären (gänzlicher Kapitalverlust möglich, Beteiligung an dem Fond mit hohem Risiko verbunden, daher für Anleger mit hoher Risikobereitschaft geeignet; die Investition sollte nicht die einzige oder hauptsächliche Investition des Portfolios ausmachen uä) wurde der Konsument von seinem Berater nicht aufgeklärt.
Aufgrund der Medienberichte über die Finanzkrise im Sommer 2008 war der Konsument verunsichert und fragte bei seinem AWD-Berater an, ob er seine Anlage verkaufen solle oder ob sie weiterhin sicher sei. Der Berater riet von einem Verkauf zuerst ab, Anfang Jänner 2009 erklärte er ihm, dass das Geld weg sei. Wie aus den Medien bekannt wurde, war ein wesentlicher Teil des Fondsvermögens des Herald Fond USA durch die "Madoff-Affäre" betroffen.
Der Konsument machte Schadenersatzansprüche aus dem Beratungsvertrag gegen den AWD geltend und bekam nun in erster Instanz Recht. Kern der Pflichten (nach §§ 38 ff WAG bzw §§ 39 KMG) bei Erteilung einer Anlageempfehlung ist es, dem Kunden ein Papier zu empfehlen, welches seinen Anlagezielen entspricht. Da im gegenständlichen Fall zweifellos weder über die Risiken des Anlagegeschäfts aufgeklärt, noch den Wünschen des Anlegers nach einer sicheren und jederzeit verfügbaren Anlageform entsprochen wurde, wurde gegen die im Wertpapieraufsichtsgesetz normierten Aufklärungs- und Beratungspflichten verstoßen.
Da der Berater für AWD als Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig war, ist sein Verhalten dem Unternehmen zurechenbar. Der Konsument könne daher - so das HG Wien - vom Finanzdienstleistungsunternehmen verlangen. Ihm ist daher der Kaufpreis samt Spesen Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere rückzuerstatten und außerdem jener Betrag zu ersetzen, den er aufgrund einer alternativen Veranlagung hätte lukrieren können. Ein Mitverschulden des Konsumenten bestehe nicht, weil er sich gerade wegen seiner mangelnden Fachkenntnisse professionell beraten ließ. Auch sei ihm das Unterschreiben des Anlageprofils ohne genaueres Durchlesen der Risikohinweise nicht vorwerfbar, wenn er keinen Grund hatte, den Angaben des Beraters zu misstrauen: "Wird eine riskante Anlage vom Berater als sicheres Investment beschrieben, so begründet das Aushändigen eines Beratungsvertrages an den Kunden in dem erwähnt wird, dass die Möglichkeit eines Kursverlustes besteht, kein Mitverschulden des Kunden an dem Schaden." Da der Kläger, wenn er pflichtgemäß beraten worden wäre, das Geld auf ein Sparbuch gelegt hätte, wurde dies als hypothetische Alternativveranlagung herangezogen und sein Schadenersatzanspruch in Höhe der gesetzlichen Zinsen zugesprochen.
HG Wien am 27.5.2010, 034 CG 80/09k- 19
Klagevertreter: Dr. Wolfgang Haslinger, RA in Wien